Kulturdenkmale in Stockerau

Objekt NR. 35

Bundesgymnasium

1907/08 von Architekt Max Kropf erbautes Gymnasium mit vorspringenden Risaliten und klassizierenden Mittelteil; Statue der Pallas Athene von Wilhelm Seib; über den Fenstern neun Medaillons. Moderne Zubauten von 1975/78 und 2011/12.

Geschichte der Schule

Seit 1774 besteht in Österreich die Unterrichtspflicht: die unter Maria Theresia eingeführte "Allgemeine Schulordnung" schreibt für alle Kinder zwischen 6 und 12 Jahren eine Grundschulbildung vor. Nur wenige Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes kam Juditha Schwarz, die Witwe eines Stockerauer Notars, auf die Idee der Einrichtung einer höheren Schule in Stockerau.Sie gründete 1778 in ihrem Testament eine Stiftung zur finanziellen Unterstützung des Stockerauer Schulwesens.

Mehr als 80 Jahre vergingen, bis 1864 die "Landes-Unterrealschule", die Vorläuferin unseres Gymnasiums, in der heutigen Brodschildstraße eröffnet werden konnte. Der Lehrkörper bestand damals aus dem Schulleiter und vier Lehrern. Im Jahr darauf wurde diese Unterrealschule in ein vierjähriges Realgymnasium mit einem anspruchsvollen Lehrplan umgewandelt. Diese Schulform entsprach etwa der heutigen Unterstufe. Das Interesse der Familien war aber nicht groß genug, und das Gymnasium konnte wegen der niedrigen Zahl der Schüler von der Gemeinde nicht weiter finanziert werden.

Da aber die Stockerauer auf die im Bezirk höchste Bildungsstätte nicht verzichten wollten, setzten sie sich 1871 in zähen Verhandlungen mit dem Land Niederösterreich dafür ein und erreichten, dass das Land die Verwaltung der Schule und die Bezahlung der Lehrer als Landesbeamte übernahm. Dafür verpflichtete sich die Marktgemeinde Stockerau zur Sicherung der notwendigen Räumlichkeiten und errichtete innerhalb eines Jahres das Schulgebäude in der heutigen Judithastraße.

Das Schuljahr 1872/73 konnte bereits hier begonnen werden. Bald zeichnete sich aber ein wachsender Bedarf an einem "vollwertigen" Gymnasium mit acht Jahrgängen ab. 1880 begann ein langwieriger bürokratischer Kampf mit den Landesbehörden um die Erweiterung der Schule. Erst 1894, nachdem Stockerau in den Rang einer Stadt erhoben worden war (1893), gab der Landtag der Forderung statt und beschloss die Erweiterung der Schule zu einem "Landesreal- und Obergymnasium" mit acht Schulstufen und abschließender Matura. Diese Genehmigung war allerdings an finanzielle Bedingungen geknüpft (so musste die Stadt zum Beispiel ein Internat für 50 Schüler errichten), welche die Gemeinde nur durch eine außerordentlich hohe finanzielle Zuwendung der Sparkasse und mit Hilfe einer neuen privaten "Schulstiftung" der Stockerauerin Theresia Pampichler erfüllen konnte. Immerhin hat man für das Schuljahr 1895/96 das Schulhaus um einen neuen Trakt erweitert und das Internat "Unter den Linden" erbaut (1896).

Im Schulhaus in der Judithastraße war auch die Volksschule untergebracht, die in der ständig wachsenden Stadt immer mehr Kinder aufzunehmen hatte. So sah sich der Gemeinderat bald wieder mit dem Raumproblem der Stockerauer Schulen konfrontiert und beschloss schließlich im März 1907 den Neubau eines Gymnasiums "Unter den Linden", das bereits eineinhalb Jahre später, am 15. November 1908, feierlich eröffnet werden konnte. Zugleich erhielt diese Schule eine neue Organisationsform, indem sie in ein "Landesrealgymnasium" mit Französisch als erster lebender Fremdsprache umgewandelt wurde.

Der erste Weltkrieg unterbrach die geistige und materielle Entwicklung. Auch die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme der folgenden Jahre und Jahrzehnte machten vor dem Schultor keinen Halt. Aus diesen schwierigen Zeiten seien hier nur einige Stationen im "Leben" des Gymnasiums erwähnt. 1919 mußte das Internat geschlossen werden, die betroffenen Schüler mussten auf das Gymnasium verzichten. Im selben Jahr wurde Mädchen in Österreich der reguläre Besuch einer Mittelschule gestattet (bis dahin konnten sie nur als außerordentliche Schülerinnen ein Gymnasium besuchen).

1921 wurde die Schule "verstaatlicht" und in "Bundes-Realgymnasium" umbenannt. 1929 ersetzte man - wie in ganz Stockerau - die Gasbeleuchtung durch elektrisches Licht. Die Gründung des Elternvereins am Stockerauer Gymnasium fällt ins Jahr 1934. Nach dem "Anschluss" wurde das Gymnasium in eine "Oberschule für Jungen" und eine "Oberschule für Mädchen" umgewandelt und unter politische Führung gestellt. Der Unterricht wurde - wenn auch unter großen Entbehrungen und Einschränkungen - selbst während des Krieges weitergeführt. Im Februar 1944 musste der Schulbetrieb in die Volks- und Hauptschule verlegt werden, da das Gymnasiumsgebäude zum Notlazarett umfunktioniert worden war. Am 24. September 1945 wurde der Unterricht mit sieben Lehrern und 340 Schülern wieder aufgenommen. Die Einrichtung war geplündert worden, das Gebäude hatte keine intakten Fensterscheiben.

Das wichtigste Ereignis in der jüngsten Geschichte der Schule war die Errichtung des neuen Traktes und die damit verbundene Renovierung des Altbaus. Die Abschaffung der Aufnahmeprüfung Ende der 1960er Jahre und die 1971 eingeführte Schülerfreifahrt brachten einen großen Zustrom von Schülern mit sich, und das Stockerauer Gymnasium kämpfte mit akuter Raumnot, so dass 1973 fünf Klassen in die nahegelegene "Reiterkaserne" ausgesiedelt werden mussten. Eine Vergrößerung der Schule war unerlässlich. Die Bauarbeiten begannen 1975 und wurden 1980 abgeschlossen. Bereits 1977 brachte man einige Klassen provisorisch im halbfertigen Neubau unter; 1979 konnten Chemie-, Biologie- und Physiksaal sowie das Sprachlabor bezogen werden. Die feierliche und offizielle Eröffnung des neuen Traktes durch Unterrichtsminister Dr. Fred Sinowatz fand am 25. Jänner 1980 statt.

Text © BG und BRG Stockerau

 

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